R. I. P. – Apple begräbt so einiges …

Rest In Peace … Apple ist bekannt dafür, alte Zöpfe abzuschneiden. Aber diesmal, bei den neuen MacBook Pro mit Touch Bar, hat Apple es auf die Spitze getrieben. Da fragt man sich schon, ob Apple es nicht überreizt – denn benutzerfreundlich ist es nicht, wenn man auf so vieles nun verzichten muss. Aber schön der Reihe nach. Schauen wir uns erst mal an, was der Totengräber Apple alles begraben hat.

Alle Anschlüsse außer USB C und Audio-Miniklinke

Vier USB-Ports, Typ C, plus einen Miniklinke-Audioausgang für Kopfhörer haben die neuen MacBook Pro noch (übrigens geht aus den Spezifikationen auf Apples Webseite nicht hervor, ob das zugleich ein digitaler Audioausgang und ein kombinierter Audioeingang wie früher ist). Klar, die vier USB-C-Ports verstehen sich auf vieles: Thunderbolt 3, USB 3.1, DisplayPort, HDMI und auf das Laden des Akkus – aber alles eben mit einem bisher recht wenig verbreiterten Stecker. Der Vorteil der je zwei USB-Ports links und rechts: Man kann sein MacBook Pro jetzt auch auf der rechten Seite ans Stromnetz anschließen und aufladen. Aber zu beklagen ist zugleich der Verlust von:

  • USB 2 bzw. 3,
  • SD-Karten-Slot,
  • MagSafe-Anschluss zum Laden,
  • Thunderbolt-Port und
  • HDMI-Port.

Und da gibt es einiges zu trauern. Wie schnell ließen sich über den SD-Karten-Slot Fotos von meiner Kamera auf den Mac schaufeln! Mit dem neuen MacBook passé, außer ich kaufe mir einen Kartenleser (dann aber gleich mit USB C – gibt es sowas schon?). Was mache ich mit meinem Audio-Interface, das sich auf USB 2 versteht? Neues Kabel (USB C auf USB 2-B) oder Adapter (USB C auf USB 2). Mein altes Cinema HD Display mit DisplayPort (gleicher Stecker wie beim Thunderbolt-Port) lässt sich auch nicht mehr ohne Adapter anschließen, ganz zu schweigen von dessen MagSafe-Anschluss zum Laden. Das Display kann ich, sollte ich mir ein neues MacBook Pro zulegen, verscherbeln … Ach ja, und ich war ein großer Freund des MagSafe-Anschlusses. Stolpert jetzt jemand über meine Netzteilkabel wird es für mein neues MacBook Pro gefährlich oder für die Haftpflicht des Verursachers. Hm, so kann man die Verkäufe des MacBook Pro auch ankurbeln …

Wo ist da übrigens das Konzept, wenn alles außer USB C und Audio-Miniklinke gehen muss, im iPhone 7 aber gerade der Miniklinken-Anschluss fehlt? Und warum kann Apple nicht seine iPads und iPhones auch auf USB C umstellen? Das wäre dann wenigstens konsequent. Sage mir niemand, dass das technisch nicht ginge …

Der leuchtende Apfel auf der Display-Rückseite

Beim 12-Zoll-MacBook war er schon vor einiger Zeit verschwunden, jetzt gibt es ihn gar nicht mehr. Eine Schande. Ich habe den leuchtenden Apfel (der übrigens bei den ersten PowerBooks damals noch falsch rum auf dem Display war: zugeklappt vor einem liegend korrekt, aber aufgeklappt auf dem Kopf) immer geliebt. Ich mag es, durch ICEs zu marschieren und augenfällig zu sehen, dass die Zahl der Apple-User kontinuierlich ansteigt. In ein paar Jahren wird einem jedenfalls nichts mehr entgegenleuchten …

Die Zeiten des illuminierten Apfels sind vorbei … (Foto: Ulf Cronenberg)

Die Zeiten des illuminierten Apfels sind vorbei … (Foto: Ulf Cronenberg)

Der Mac-Startton

Von vielen war er verhasst (und ich habe meinen Teil dazu beigetragen, ihn, wenn gewünscht, zu eliminieren) –ja, war immer etwas peinlich, während eines Vortrags das MacBook anzuschalten und dann ein paar freundliche, viele genervte Blicke auf sich zu ziehen. Aber Leute, das war und ist (nicht mehr lange) ein Stück Apple-Kultur. Immerhin kann man ihn angeblich mittels eines Terminalbefehls bei den neuen MacBook Pro reaktivieren, sagt ein Artikel bei AppleInsider.

Die F-Tasten und die Dinosaurier-Taste esc

Ob ich die F-Tasten vermissen werde, weiß ich noch nicht. Aber bisher sind sie an einigen Stellen in meinem Workflow enthalten. Ich wechsle z. B. zwischen Tabs im Browser mit den Tastaturkürzeln [command] [F1] (nach links) und [command] [F2] (nach rechts) – eine Geste, die mir in Fleisch und Blut übergegangen ist. Das Problem mit der Touch Bar ist, dass sie eine durchgehende Leiste ohne haptisches Feedback wie bei Lücken zwischen Tasten ist. Ob da dann das Treffen von bestimmten Tasten auch ohne Hingucken geht? Eher nicht … Das ist wie blindes Tippen auf der iPad-Bildschirmtastatur – eigentlich unmöglich. Das Problem: Ich mag es nicht, wenn ich den Blick vom Bildschirm nehmen muss. Kostet Zeit, ist umständlich. Aber ich gehe mal davon aus, dass Tim Cook und Johnny Ive, meine Kumpels bei Apple, nicht power user, sondern (wie wahrscheinlich 90 % der Weltbevölkerung) Tastaturgucker sind – von daher haben sie für jemanden wie mich kein Verständnis.

Tja, und esc ist ein Computer-Klassiker, der Ausweg aus mancher Computermisere … Diese Taste darf man eigentlich nicht killen! Das ist ein Kultur-Tabubruch. Wohin soll man fliehen, wenn der Computer Mist baut? Die Touch Bar ist ganz sicherlich nicht immer schlau genug zu wissen, wann ich die Escape-Taste brauche, und blendet sie nicht ein, obwohl ich sie benötige. Und dann?

Das Verlängerungskabel fürs Netzteil …

… ist zumindest nicht mehr im Karton enthalten. Muss separat nachgekauft werden. Wie pingelig und peinlich ist das eigentlich? Das Ding kostet Apple in der Herstellung höchstens 2 Euro. Wir dürfen es jetzt aber für 25 € nachkaufen. Mal ehrlich: Das kostet Apple einige Sympathiepunkte (bei mir auf jeden Fall). Da kauft man ein MacBook Pro für mindestens 2000 € (13 Zoll) oder fast 3000 € (15 Zoll) und dann muss man zig neue Kabel, Adapter und ein Verlängerungskabel fürs Netzteil – alles völlig überteuert – nachkaufen.

Irgendwie bin ich wirklich sauer auf Apple. Nichts gegen Innovationen, nichts dagegen, dass man auf neue, bessere Standards setzt, dass man auch mal alte Zöpfe abschneidet, bevor die Haare splissen. Aber mit den neuen MacBook Pro (und es gibt ja keine Alternativen außer alten Geräten) werde ich zum Adapter- und Spezialkabel-Käufer, zum Zubehör-Rumschlepper degradiert. Schön, dass die neuen MacBook Pro so leicht geworden sind. Kabel und Adapter machen das dann wieder wett.

Ulf Cronenberg

P. S.: Eine Frage bleibt außerdem: Werden meine alten Firewire-Geräte (vor allem ein sehr hochwertiges Audio-Interface) auch noch über Adapter an den USB-C-Ports laufen?

Update 02.11.2016: Es sieht so aus, als würden die neuen MacBook Pro wirklich keinen digitalen Audioausgang mehr mitbringen – das behauptet zumindest AppleInsider ersten Tests mit dem neuen MacBook Pro mit F-Tasten zufolge. Bei den MacBook Pro mit Touch Bar sei das dann mit großer Wahrscheinlichkeit auch so … Darüber, ob der Anschluss auch des (digitalen/analogen) Eingangs beschnitten wurde, ist nach wie vor nichts bekannt.

6 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

      • Da bin ich bei dir… Gott sei Dank hat das meiner auch noch… Ich bin an sich am überlegen, mir wieder ein MacBook zu kaufen, da es doch hin und wieder praktisch bei Meetings oder eben auch Events ist, wenn man was mobiles dabei hat, und eventuell zügig hochladen kann. Hätte zwar noch mein MBP aus 2009, aber der hat leider schon den Geist aufgegeben (bzw. habe ich den meinen Untermietern überlassen).

  1. Und neben diesen Nachteilen (kein SD-Karten Leser mehr – geht’s noch Apple?) wird nicht einmal der aktuellste Intel Prozessor, sondern „nur“ der Skylake (6. Generation) verbaut. Auch wenn das nur das Tüpfelchen auf dem „i“ ist und Prozessorleistung nicht alles ist, bin ich ebenfalls „not amused“ über die Summe der Entscheidungen.

  2. Ich bin ganz bei dir. Schade eigentlich wollt ich mir dieses Jahr, ein neues MacBook Pro zulegen … aber so nicht!

    Ohne MagSafe, ohne SD-Kartenslot (den ich übrigens nutze um den Speicherplatz zu erweitern, da grössere SSD’s einfach viel zu überteuert sind) und vor allem anderen: ohne leuchtenden Apfel – nee Apple das geht gar nicht! Ich war nach der Keynote richtig deprimiert 🙁

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