Audiophil – hübsches Wort. Passt zu mir und beschreibt mich recht gut. Seit Jahren suche ich z. B. nach dem Superduperkopfhörer, der meinen Ansprüchen genügt. Wahrscheinlich bin ich für Kopfhörer-Firmen ein Albtraum-Kunde, denn ich will, dass einfach alles passt (dazu weiter unten mehr). In den letzten Jahren habe ich – das macht mich allerdings zum begehrten Kunden – einige, nicht immer günstige Over-Ear-Kopfhörer angeschafft. Der Superduperkopfhörer, die eierlegende Wollmilchsau, ist bisher aber nicht darunter – es gibt nur Annäherungen.
Jedenfalls hab ich vor ein paar Tagen beschlossen, dass ich mich von zwei oder drei meiner sechs Over-Ear-Kopfhörer trennen und sie verkaufen will. Letztendlich benutze ich doch immer nur zwei bis drei davon, die andere hängen herum. Doch bevor ich sie verscherble (mit viel mehr als 50 % des Kaufpreises darf ich wohl nicht rechnen), werde ich sie alle noch mal in einem großen persönlichen Vergleichstest gegeneinander antreten lassen und dann entscheiden, wer gehen muss. Dschungelcamp für Kopfhörer.
Wer jetzt wissen will, welche Kopfhörer hier getestet werden sollen, der sei schon mal mit einem Foto angetriggert. Das sind die fünf Modelle, die ich beschreiben, untersuchen und testen werde:
Die genauen Modellbezeichnungen halte ich mal noch geheim – aber wer sich ein bisschen auskennt, weiß natürlich, um welche Modelle es geht.
Meine Referenz, an der sich die Over-Ears messen müssen, ist übrigens mein teuerster Kopfhörer: ein AKG K-812, bis vor kurzem das Spitzenmodell der aus Österreich stammenden Firma (inzwischen ist der K-872 erschienen). Der K-812 ist vom Klang her über jeden Zweifel erhaben: Die Auflösung und den Detailgrad erreicht keiner der oben abgebildeten Kopfhörer (das gilt insbesondere mit Verwendung eines Kopfhörerverstärkers – ich habe fürs iPhone und iPad einen Oppo HA-2). Wäre auch schlimm, wenn das anders wäre. Schließlich legt man für den AKG K-812 ca. 900 Euro auf die Ladentheke, während die obigen Modelle „nur“ zwischen 160 und 400 Euro wert sind.
Meine Anforderungen an einen guten Kopfhörer
Aber noch mal zurück zur Aussage, warum ich ein Albtraum-Kunde bin. Das liegt zum einen daran, dass ich auch jenseits des Klangs hohe Anforderungen an einen Kopfhörer stelle, zum anderen daran, dass ich besondere Hörgewohnheiten habe.
Alles soll passen? Ja, ein guter Kopfhörer sollte jenseits einer herausragenden Klangwiedergabe, finde ich,
- stylisch aussehen,
- aus langlebigen und schönen Materialien hergestellt sein,
- eine bequeme und angenehme Passform haben,
- dabei sicher auf dem Kopf sitzen,
- das Kabel sollte robust und austauschbar sein und
- eine Fernbedienung fürs Handy samt Mikrofon wäre wünschenswert.
Klar ist allerdings auch: Der Klang geht vor – das ist mir mit Abstand das Wichtigste, das Hauptkriterium.
Zu meinen Hörgewohnheiten sei gesagt: Ich komme eigentlich aus der Ecke der Rockmusik, und von daher sollte Musik knackig und druckvoll klingen. Nickelback, Deftones oder Twelve Foot Ninja, um ein paar der Heavy-Sachen zu nennen, die ich nach wie vor auflege, mag man nicht wirklich mit linearem Frequenzgang hören … Aber ich mag auch ganz andere Musik, und da kommen andere Anforderungen ins Spiel: Nehmen wir FKA twigs. Das ist eine Musik, die von Räumlichkeit profitiert, wo man jedes Detail hören will. Und das soll ein guter Kopfhörer eben auch bietet: eine hohe Detailauflösung, bei der man die Instrumente gut auf der Kopfhörerbühne verorten kann.
Schließlich habe ich recht empfindliche Ohren und kann mit schneidigen Höhen nicht gut leben – das tut meinen Ohren und meinem Kopf schnell weh. Manche der Kopfhörer-Modelle, die ich besitze oder getestet habe, kann ich wirklich nicht ohne Equalizer verwenden. Aber dazu dann bei den Tests der einzelnen Kopfhörer mehr.
Der Klang-Testparcours
Wenn ich in den nächsten Wochen die abgebildeten Kopfhörer testen werde, so wird es keinerlei Messergebnisse geben. Dazu fehlt mir das nötige Equipment, und ich glaube auch nur bedingt an solche Messungen. Ich verlasse mich lieber auf mein Gehör. Somit ist das wirklich ein subjektiver Test: auf meine Hörgewohnheiten abgestimmt.
Dafür habe ich mir einen kleinen Parcours an Titeln, die ich mit jedem Kopfhörer antesten werden, zusammengestellt:
- Nickelback: „Bottoms Up“ (vom 2011er Album „Here and Now“) – ein Titel, der ordentlich knallt und von einem gut abgemischten Schlagzeugbeat eingeleitet wird; hier zeigt sich, ob der Kopfhörer rocktauglich ist;
- FKA twigs: „Kicks“ (von 2014er Album „LP1“) – der Titel für den Test von Räumlichkeit und Detailgrad;
- Elliot Moss: „Highspeeds“ (vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 2015) – etwas wärmer als FKA twigs abgemischt, aber auch ein Song mit vielen Details, die zu entdecken sind;
- Tori Amos: „Happiness is a Warm Gun“ (ein Beatles-Cover auf dem 2001er Album „Strange Little Girls“) – mein Testsong dafür, was passiert, wenn ein Song zu basslastig abgemischt ist; und
- Foreigner: „Tooth and Nails“ (vom Album „Agent Provocateur“ aus dem Jahr 1984) – der Titel, mit dem geguckt wird, was ein Kopfhörer aus einem älteren, eher schlecht und konturlos abgemischten Song macht.
Noch ein paar Sätze zur Kopfhörer-Bauweise: Den großen Streit von wegen offenen versus halboffenen versus geschlossenen Over-Ear-Kopfhörern will ich hier nicht eröffnen. Wer unterwegs ist, ist mit offenen Kopfhörern nicht allzu gut bedient. Mit dem AKG K-812 unterwegs zu sein, macht zum Beispiel keinen Sinn. Das ist ein Kopfhörer für Zuhause. Von den fünf Testmodellen kann man alle einigermaßen gut unterwegs verwenden (außer dem AKG). Mir ist das wichtig, denn ich höre gerne Musik, wenn ich im Zug sitze, wenn ich zu Fuß unterwegs bin. Allerdings verwende ich hier dann oft auch In-Ear-Kopfhörer, allein schon, weil sie überall problemlos verstaubar sind.
Jetzt muss ich euch aber leider erst mal vertrösten, denn mein erster Kopfhörer-Test wird noch etwas auf sich warten lassen. Ich habe im Moment einfach zu viel zu tun … Seht es positiv: Die Spannung steigt.
Verraten wird immerhin schon mal, welcher Kopfhörer als erster in den Ring steigen darf: Es wird der P7 von Bowers & Wilkins sein.
Ulf Cronenberg
P. S.: Bluetooth- und Noise-Canceling-Kopfhörer – das sind große Trends. Aber bisher macht man als wirklich audiophiler Hörer wohl eher einen Bogen um entsprechende Modelle. Ich zumindest.
Und hier geht es zu den einzelnen Tests (wird noch ergänzt):
Hallo Ulf,
ich finde es gut, dass du beim Test auch auf „langlebige Materialien“ achten willst. Bei meinem Sennheiser HD 380 Pro haben sich nach einigen Jahren die Ohr-Polster geradezu aufgelöst. Ich konnte sie nachbestellen (ca 25 EUR). Die Ersatzteil-Lieferung kam ohne Anleitung, ich habe den Einbau nur mit Hilfe eines YouTube Videos hingekriegt. Man musste Metallringe umsetzen, darauf bin ich von allein nicht gekommen.
Mein Sohn hat Bose-Kopfhörer mit Noise-Cancelling (nützlich bei längeren Flügen). Auch da gehen die Ohr-Polster (nach Ablauf der Garantiezeit) kaputt.
Ich bin schon gespannt, was du über deine Kopfhörer berichten wirst. Von den gezeigten Modellen besitze ich selbst keines.
Viele Grüße
Hallo Jürgen,
ja, die Langlebigkeit … Auf mich machen die Kopfhörer von Sennheiser und Bose (ich habe keinen von beiden Firmen) eher etwas windig aussehen. Hab neulich mit meiner Tochter, die etwas mit Noise Canceling suchte, von beiden Firmen Kopfhörer angeschaut, die Qualität der Verarbeitung fand ich nicht richtig überzeugend. Bei Noise Canceling sind das aber wohl die Firmen mit den besten Ergebnissen. Sie hat dann einen Sennheiser gekauft, ist damit sehr zufrieden. Aber sie ist nicht so audiophil wie ich und über die Langlebigkeit lässt sich gar nichts sagen.
Ich hoffe, ich komme bald dazu, mit dem ersten Test zu beginnen.
Viele Grüße, Ulf